A bike? What’s that?
Nach anderthalb Monaten in England muss ich etwas ernüchtert feststellen, dass der Fahrradtrend hier noch nicht wirklich angekommen ist. Na klar, in den Touristen-Hochburgen dürfen die obligatorischen Leihräder natürlich nicht fehlen, aber als wirkliches Transportmittel erkennen die Engländer das Rad nicht an. Vereinzelte Radler, die diesen Sport mit voller Hingabe leben und auf den engen, von hohen Hecken begrenzten Sträßchen – wenn man sie denn überhaupt so nennen kann – unterwegs sind, haben es zwar viel leichter als Autos und größere Fahrzeuge, blicken aber dementsprechend risikofreudig hinter jeder Kurve dem Tod ins Auge. Denn Radwege sind hier komplette Fehlanzeige.
Ein Ausflug an den Strand
Dieses Land hält hinter jedem Busch ein atemberaubendes Paradies bereit und es ist die schweißtreibende Fahrt über steile einspurige Feldwege jedes Mal wert, aber wie man hier mit Fahrrad hingelangen soll, ist mir ein Rätsel. Als ich mein Wohnmobil einmal etwas außerhalb parken musste, stieg ich aufs Rad und fuhr die paar Meilen durchs kleine Fischerdorf hin zur Strandpromenade mit voller Wonne. Zumindest bergab und bis zu dem Punkt, wo mir zahlreiche Verbotsschilder einen Strich durch die Rechnung machten. Ab da hieß es dann schieben. Über unbefestigte Wege und schließlich eine Menge Sand. Jede*r, der/die schon mal im Sand ins Schlingern gekommen ist, kann nachempfinden, was das für ein Krampf war. Immerhin erreichte ich so mit Sack und Pack ein schönes Plätzchen in der ersten Reihe am Strand und konnte ein Auge darauf haben. Und die Schiebehilfe tat ihr Übriges. Der Rückweg machte mir klar, wie maßlos ich wieder einmal die Steigung unterschätzt hatte. Da war es mir herzlich egal, den Motor mal auf volle Power zu stellen. Und für Kalle war das eine schöne Cardio-Einheit, um heute gut zu schlafen.
Radfahren für einen guten Zweck
An einem Samstagabend in Penzance, Cornwall, lernte ich einen 24-jährigen Schotten kennen, der in 16 Tagen ganz Großbritannien mit dem Rad durchquert. Vom untersten Zipfel Englands (Land’s End) bis in den Norden Schottlands (John O‘ Groats) legt er 874 Meilen, also knapp 1400 Kilometer zurück. Und das alles für einen guten Zweck: Als Charity-Projekt sammelt er Spenden, die in eine Mountain Rescue Organisation und eine Fire & Rescue Association fließen. Tolle Sache und Chapeau für so viel Courage und Ehrgeiz!
In der Hoffnung auf Sommer
Auch für mich geht es langsam weiter Richtung Norden. Wales und Schottland stehen auf der Agenda. Ich hoffe, das Wetter wird bald der Jahreszeit gerecht, denn dieser ständige Regen schlägt nicht nur auf die Stimmung, sondern ist beim Leben auf 10qm mehr als ungemütlich.
Bis dahin und frohes Radeln!
Eure Larry