Unerwartete Klänge
Zu Weihnachten passiere ich die portugiesische Grenze und lasse als erstes in Porto den hiesigen Flair auf mich wirken. Ich denke, keine andere Großstadt schafft es, die Touristenströme und den Trubel so sympathisch in ihr Bild aufzunehmen. Alles wirkt so nahbar und authentisch. Die vielen kaputten Fassaden und leerstehenden Häuser sind zwar nicht Jedermanns Sache, für mich aber macht es den Charme dieses Landes aus. Als ich den Einheimischen bei wilden Diskussionen lausche, bin ich etwas irritiert vom ersten Eindruck dieser Sprache. Ich hatte einen ähnlich melodischen Klang erwartet wie im Spanischen oder Italienischen, aber die harte Aussprache und die vielen X- und Sch-Laute wirken auf mich so, wie viele Leute die deutsche Sprache beschreiben: aggressiv oder sogar unfreundlich. Es hätte auch Russisch sein können. Mit der Zeit freunde ich mich damit an und kann schnell immer mehr verstehen, da sich viel vom spanischen Vokabular ableiten lässt.
Riskant unterwegs
Meine Reise führt mich durch kleine, eingeschlafene Dörfer in der Gebirgsregion Tras-os-Montes, beeindruckende Landschaften wie den Nationalpark Peneda-Gerês sowie das saftig-grüne Douro-Tal und an Traumstrände mit türkisblauem Wasser. Obwohl Portugal verhältnismäßig klein ist, hat es aufgrund seiner geographischen Lage und der langen Atlantikküste so viele unterschiedliche Klimazonen zu bieten wie kaum ein anderes europäisches Land.
Diese Vielfalt macht es nicht nur zu einem Traumziel für Urlauber, sondern auch zu einem Paradies für den Radsport. Wo die Infrastruktur leider noch sehr zurückhinkt, wird man stattdessen mit atemberaubenden Panoramablicken vertröstet. Allerdings zahlen Zweiradfans gerade in den bergigen Regionen täglich einen hohen Preis: massives Unfallrisiko. Hier gibt es keine Radwege, Radfahrer fahren auf der engen Straße und passieren wie selbstverständlich sogar Autobahnen und Kreisel und die Portugiesen schneiden fröhlich Kurven, was das Zeug hält – da bringt auch vorwarnendes Hupen nichts! Leider werde ich Zeugin einer solchen Szene, die bei diesem Fahrverhalten wohl vorprogrammiert ist. In einer engen Kurve prallt ein Fahrradfahrer ungebremst in die Frontscheibe eines Linienbusses. Die komplette Scheibe zerschmettert und wirft den Radfahrer blutend und regungslos zu Boden. Dies führt mir wieder mal vor Augen, wie wichtig der Schutz ist, denn auch ohne eigenes Verschulden kann so etwas jederzeit passieren. Helm auf und passt auf euch auf!
Die landschaftlichen Gegebenheiten nutzen
Neben dem klassischen Rennsport, der hier zum täglichen Straßenbild gehört wie die schmucken Pinienbäume am Wegesrand, ist auch die Mountainbike-Szene ganz groß. Geführte Touren an spektakulären Meeresklippen entlang machen das breite Angebot an Erlebnissen komplett. Für Adrenalin-Junkies geht es mit Surfen, Kiten, Reiten, Tauchen oder Coasteering natürlich noch aufregender.
Auf Wiedersehen, Portugal!
Nach über 3 Monaten überfahre ich mit einem wehmütigen Lächeln die Grenze nach Spanien und bin überzeugt, so viele Facetten des portugiesischen Lebens gesehen zu haben wie in der Zeit möglich. Besonders die Surf-Community hat einen Platz in meinem Herzen gefunden und meinen Wunsch verstärkt, immer in der Nähe der Küste zu sein.
Bis dahin und frohes Radeln!
Eure Larry